Warum Digitalisierung und Change Management Hand in Hand gehen

 

Bringt die Digitalisierung tatsächlich Geschäftsmodelle, Organisationen und Arbeitswelten durcheinander? Dieser Frage gehen wir in drei Aspekten nach: Führung, Kundenzentrierung und Planbarkeit.

 

Starten wir mit der Führung, dem nach wie vor wichtigsten Thema unternehmerischen Handelns. In den allermeisten Organisationen wird die Pyramide gelebt: Verschiedene Hierarchieebenen und Ab-Teilungen, die durch diverse Ideen (Projektmanagement, Matrix etc.) wieder zusammengeführt werden sollen.

Der Pyramide liegt ein Glaubenssatz zugrunde: Dass die Qualität einer Entscheidung steigt, je höher die Ebene ist, auf der sie gefällt wird. Anders herum: Je wichtiger eine Entscheidung, desto höher die Ebene, auf der sie getroffen wird.

Dieser Glaubenssatz kommt aus der Industrialisierung, als eine große Anzahl ungelernter Arbeitskräfte vom Land in die Fabriken strömte. Und da war er auch goldrichtig. Denn die Arbeiter*innen konnten und sollten nicht mitdenken, sie waren Ausführende dessen, was die oberen Ebenen entschieden hatten.

Mit Blick auf zunehmend höhere Spezialisierung und kürzere Betriebszugehörigkeiten bezweifeln wir jedoch, dass der Glaubenssatz auch heute noch zutrifft. Führung wird sich verändern: Nicht mehr die besseren Entscheidungen zu treffen ist ihr Ziel, sondern andere dazu zu befähigen, dass sie dies tun. Indem wir Räume schaffen, in denen die Beteiligten gemeinsam erfolgreich sind.

 

Doch nicht nur Führungsrollen haben sich verändert. Auch im Produktentwicklungsprozess gewinnt der Kunde an Entscheidungs- und Gestaltungskraft. Der immer mündigere Kunde schreibt heute dem Produktgestalter zunehmend ins Heft, wie das Produkt auszusehen hat. Der Produzent übernimmt durch online-Shops, 3D-Drucker und den Versanddienstleister wichtige Aufgaben des Vermarkters. Beispiel Sportschuhe: Im klassischen Sportladen gibt es Vieles, aber Eines sicher nicht: Den von mir individuell gestalteten Laufschuh.

 

Dritter Punkt: Planbarkeit. Jeder Planung liegt der Glaubenssatz zugrunde, dass ich im Moment der Planung halbwegs weiß, was ich da plane. Kenne ich die bevorstehenden Aufgaben nicht, sind sowohl Zeit als auch erforderliche Ressourcen bestenfalls schätz- aber nicht planbar. Angesichts der gegenwärtigen Informationsexplosion, der zunehmenden Rolle von KI und der generell hohen Dynamik wird das nicht leichter. Die für viele Menschen wichtige Sicherheit kommt heute immer weniger aus dem Wissen; sie wird daher immer mehr aus unseren Fähigkeiten kommen. Z. B. der Fähigkeit, schnell gemeinsam komplexe Fragen zu beantworten. Und dabei werden menschliche Eigenschaften wie Kreativität und Empathie eine immer wichtigere Rolle einnehmen.

 

Damit sind wir beim Change Management. Der Begriff ist ein Widerspruch in sich, denn Verhaltensänderung kann ich eben nicht steuern und anweisen, sie geschieht nur in freiwilliger Selbstverpflichtung. Allen Beteiligten Chancen und Nutzen von Veränderung sichtbar zu machen, und optimistisch diesen Weg zu gehen wird also eine der künftigen Kernkompetenzen werden.

 

Bezug nehmend auf unsere Ausgangsfrage sind wir der Meinung, dass die Digitalisierung einiges ändern wird. „Durcheinanderbringen“ wird sie die Unternehmen nur, wenn diese es versäumen, ihre Akteure im Rahmen gelingender Change-Prozesse bei dieser Transformation mitzunehmen.

 

Dieser Artikel erschien auch in "Junge Wirtschaft - das Magazin der Wirtschaftsjunioren Deutschland" Ausgabe digital denken (2/2019).